Sonntag, 9. Januar 2011

Die achte Plage

Es wäre übertrieben zu schreiben, das Land habe sich im biblischen Sinn verfinstert, bevor sie über uns hereinbrachen. In der Tat nahmen wir zuerst nur ein gelegentliches "pongg ... pongg ... bingg ... pongg ... toc ..." gegen die Frontverkleidung unseres Bremach wahr, respektive gegen die Funkantenne und die Windschutzscheibe, wo ein hässlicher Gel-artiger Riesenfleck zurückblieb.



Als das Licht etwas änderte, sahen wir, dass es ziemlich grosse Insekten in der Luft hatte. Aber bald wurden es mehr, und es tönte nun "pongg-pongg ... pongg ... toc-bingg-pongg ...". Langsam dämmerte es uns: bereits im Oktober hatte der Staat Victoria viele Millionen Dollars zur Abwendung einer möglichen Heuschreckenplage ausgegeben, welche offenbar fast immer auf einem sehr feuchten Winter folgt. Die Farmer waren aufgerufen, Larvennester zu melden und zu vernichten. Einer hat eigens eine Heuschreckenvernichtungsanlage auf einen Anhänger gebaut, welche die Larven und die Heuschrecken (engl. locusts) wie ein Staubsauger aufsaugt und in einem mächtigen Ventillator schreddert, dann den Eiweissbrei als Dünger aufs Feld zurückspuckt.

Locusts sind im ausgewachsenen Stadium zwischen 4 und 7 cm lang und haben ziemlich grosse Flügel.


Im Unterschied zu den Heugümpern in Europa (engl. grasshopper), verwenden die Locusts ihre Flügel zum Fliegen. Sie stossen mit ihren kräftigen Hinterbeinen ab, und surren dann mit Flügelpower fünf bis mehrere hundert Meter weit, bevor sie sich wieder niederlassen. Und nach kurzem wieder weiterfliegen.


Sie sind allerdings keine guten Flieger und lassen sich mehr vom Wind in eine Richtung treiben, als dass sie selbst die Richtung bestimmen. Auf diese Weise kommt ein Schwarm aber sehr weit und richtet entsprechend Schaden an, vor allem wenn das Wetter schlecht ist: dann bleiben sie sitzen und fressen.

 Die weissen Punkte vor den Bäumen resp. die grauen Punkte im Himmel

Locusts fressen ausschliesslich Grünzeug. Natürlich frisst eine Heuschrecke nur wenige Gramm pro Tag, aber 100 Millionen mal z.B. ein Gramm sind eben auch schon 100 Tonnen pro Tag. Das freut die Farmer und Hobby-Gärtner wenig. Inzwischen hat der Staat Victoria von Prävention auf Schadenlinderung umgestellt, und entschädigt Farmer, deren Ernte Einbusse erleidet.

Beim Fahren hilft nur eines: verlangsamen. Bei ca. Tempo 60 kriegen viele der Heuschrecken noch rechtzeitig die Kurve, statt auf Kühlergrill und Windschutzscheibe zu landen. Da sie sich aber vorzugsweise auf die warme Strasse setzen, um dann bei jedem herannahenden Fahrzeug im dümmsten Moment einen Meter hochzuspringen, ("pongg-pongg-pongg"), ist ein gewisser Kollateralschaden beim Fahren nicht zu vermeiden.



Viele Einheimische denken natürlich nicht daran, das Tempo zu verringern,


sondern Erleichtern sich die Reinigung des Fahrzeugs, indem sie ein geeignetes Netz for den Kühlergrill spannen, damit nicht alles im Kühler endet, diesen verklebt, und schliesslich der Motor überhitzt.


Auf jeden Fall, so wurde uns eindringlich versichert, dürften wir nur mit kalten Wasser die sterblichen Überreste abspritzen, weil sich mit heissen Wasser eine fast unlösliche Masse bilde. Gesagt, getan und funktioniert!

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